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Piz Badile
Tour 119 3308 m Piz Badile, Nordkante Bergell Klettern 4+ 30.08.02    

"Da wird man sich bewußt, dass man doch eine Heldensportart betreibt!" www.sirdar.de

Ausgangspunkt:

Bondo / Laret (1377 m)

Anfahrt:

Bei Bondo (ca. 30 km südwestlich von St. Moritz) über Mautstrasse nach Laret. Bezahlung der Maut in Gasthaus bei Kirche in Bondo.

Hütten:

Sasc Furä (1904 m), Rifugio Gianetti (2534 m)

Zustieg:

Von Laret auf markierten Steig zur Sasc Furä (1.5 h).
Zum Einstieg der Kletterroute von der Hütte dem markierten Wanderweg Richtung Viale folgen. Kurz vor dem höchsten Punkt zweigt links ein mit Steinmännchen markierter Pfad ab. Man steigt hoch bis zum Fuß der Nordkante. Nun linkshaltend bis zu einer Scharte (2589 m) hochklettern. Kurz darüber beginnt die eigentliche Kletterei (2 h von der Hütte).

Route:

Zürcher / Risch (4.8.1923)
1250 Klettermeter, 800 m Höhenunterschied, 4+, 28-29 SL, 7-8 h
Die erste Schulter gleich am Einstieg wird links umgangen. Danach geht es hoch zum Grat. Die meiste Zeit bewegt man sich auch auf diesem. Zur Überwindung einiger Steilstufen wird immer nach rechts ausgewichen. Erstes größeres Problem ist die Risch-Platte. Am Ende dieser erfolgt an einem Abbruch eine Querung nach rechts und weiter schwierig über einen Steilaufschwung zurück zur Kante. Weiter oben die Zürcher Platte. Danach wieder nach rechts ausweichen. Gleich darauf die Schlüsselstelle, eine griffarme sehr steile Wand.
Am obersten Gratstück quert man auf Bändern zum Gipfel. 40 m in östlicher Richtung vom höchsten Punkt befindet sich eine Biwakschachtel für Notfälle.

Abstieg:

Man steigt auf der Südseite über die Rinnenführe (III) zum Rifugio Gianetti ab. Auf gut sichtbaren Pfadspuren geht es in einer Serpentine zur ersten Abseilstelle durch einen Kamin (ca. 30 m). Diesen weiter abklettern, bis kurz darauf die nächste Abseilstelle (ca. 50 m oder 2x25 m) kommt. Auf einem Band weiter nach rechts bis zu den nächsten Abseilringen. Hier 2x über 25 m abseilen dann durch eine Rinne bis zu einer Markierung und weiter nach rechts. Die darauffolgende Rinne nicht bis zu ihrem Ende verfolgen, sondern kurz davor leicht ansteigend klettern (Steinmännchen) bei einem Eisenkreuz noch mal 2x abseilen. Den Steinmännchen zur Hütte folgen (2.5 h vom Gipfel).

Rückweg:

Auf markierten Steig vom Rifugio Gianetti über den Passo Porcelizzo (2961 m) zum Bivacco Vaninetti (2577 m) und den Passo della Trubinasca (2701 m) zurück zur Sasc Furä (5-6 h).
Nach dem Passo Porcelizzo steigt man je nach Bedingungen über ein steiles Schneefeld ab. Am Passo della Trubinasca erleichtern Ketten und Drahtseile die Kletterei.

Charakter / Material:

Sehr lange hochalpine Klettertour. Entsprechende Kondition und Klettererfahrung ist notwendig. Standplätze sind gebohrt, alle wichtigen Zwischenhaken stecken. Mitnahme eines Klemmkeil-Sortiments sowie Friends und Bandschlingen ist erforderlich.
Je nach Schneelage können beim Rückweg am Passo Porcelizzo Steigeisen und Pickel notwendig sein.

Karte:

Schweizer Landeskarte - "Sciora" Nr. 1296, 1:25000

Führer:

Jürg von Känel, "Plaisir Sud", Edition Filidor, Reichenbach (CH) 1998

Link:

www.styria-alpin.at

 

 

Bergspezln:

Thomas

Die Nordkante Um es gleich vorwegzunehmen und allen Berufslästeren von der Pfadfinderfraktion Puchheim den Wind aus den Segeln zu nehmen, obiger Heldenspruch stammt nicht von mir, sondern den erhielt ich als Antwort auf meine Feststellung "Saukalt hier" von einem Fachübungsleiter der Sektion Darmstadt, als uns am "Passo Porcelizzo" der Nordföhn mächtig um die Ohren pfiff.
Der Piz Badile also, von dem träumte ich auch schon länger. Angeblich eine der schönsten Genußklettereien in den Alpen. Fester Granit und auf Bildern sieht man einen Berg wie aus einem Guß mit glatten Wänden ringsum und dieser einen Kante, die nahezu in idealer Linie zum Gipfel führt. Mit Thomas konnte ich dann jemanden finden, der den Berg auch schon länger in Planung hatte.
Man fährt über St. Moritz nach Bondo nahe an der italienischen Grenze. Um sich noch ein paar Höhenmeter zu sparen, kann man für den Schotterweg, der weiter ins Val Bondasca führt, 12 Fr. Maut bezahlen und darf dann ziemlich abenteuerlich bis Laret fahren. Von hier geht der Zustieg zur Sasc Furä los. Sind zwar nur 600 Hm, aber die sind der Hammer. Genau wie letztes Jahr im Bergell, so hatte es auch dieses Mal wieder tropische Bedingungen. Schwül ohne Ende und der Weg führte direkt und maximal steil zur Hütte. Nach einer Stunde standen wir dann ziemlich durchgeschwitzt vor der Hütte und fragten uns, wie wir wohl den schweren Rucksack morgen über die Nordkante zum Gipfel des Badile wuchten wollen.
Die Hütte hat an sich eine eindrucksvolle Lage, sie steht direkt am Ende des Ausläufers der Nordkante vom Badile. Ringsum gibt es steile Granitwände zu bewundern. Wir machten uns am Nachmittag noch auf den Weg, um den Einstieg zur Klettertour zu erkunden. Dank Nebel sahen wir aber nicht allzuviel, nur einmal konnten wir einen Blick auf den gesamten Badile erhaschen. Eindrucksvoll aber die Umgebung, zerklüfftete Gletscher, der Piz Cengalo und natürlich die absolut glatte NO-Wand des Badile. Hier geht ein echter alpiner Klassiker durch, die Cassin-Route. Mit fast durchgehend V und mehreren Stellen V+ aber deutlich zu schwer für uns.

Eine der Schlüsselstellen

Gipfel des Badile Samstag morgen um vier erst mal ein böses Erwachen, es regnete! Sollte unsere Wetterfee daheim recht haben und eine Kaltfront vom Westen sämtliche Pläne zunichte machen? Es sah ganz danach aus. Mit trüben Gedanken saßen wir beim Frühstück. Sollte also wieder mal nicht sein. Wir entschlossen uns trotzdem, zumindest bis zum Einstieg noch zu gehen, quasi um Vorarbeit für den nächsten Versuch zu leisten. Doch siehe da, kaum standen wir am Beginn der Klettereien am Nordgrat, sah das Wetter eigentlich ziemlich freundlich aus und der Granit war auch nicht so feucht, wie wir befürchtet hatten. Also machen wir halt mal drei Seillängen, sagten wir uns. Nun ja, das Wetter hielt den ganzen Vormittag über und so standen wir nach 28 oder 29 Seillängen am Gipfel. Allerdings im Nebel und ein Abstieg im Gewitter schien unvermeidlich ...
Für die 1250 m lange Kante mit 800 m Höhenunterschied benötigten wir 7.5 h. Insgesamt waren an diesem Tag acht Seilschaften unterwegs. Von denen, die vollständig durchsicherten, waren wir die schnellsten. Die andere Taktik war, die einfacheren Seillängen mit laufender Sicherung zu begehen, d.h. beide gehen gleichzeitig am Seil, Zwischensicherungen werden eingehängt, an schwierigen Stellen wird normal gesichert. Diese Seilschaften waren dementsprechend deutlich schneller unterwegs. Die Kletterei ist anspruchsvoll, anstrengend, aber auch wahnsinnig schön! Eindrucksvoll die Tiefblicke in die Nordostwand und immer wieder dieser vollkommenen glatte Granit, an dem man dank seiner Rauhheit doch so gut klettern kann. Die 4er-Stellen waren schon ziemlich hart. Gefragt ist v.a. Reibungskletterei, bei dem teilweise noch feuchten Granit war das für uns nicht immer angenehm. In den zahlreich vorkommenden plattigen Abschnitten erhöht das schon die innere Anspannung, wenn man auf Gedeih und Verderb auf die Reibung der Kletterschuhe angewiesen ist. Es steckten jedoch in den Schlüsselstellen immer ausreichend alte Haken und auch neue gebohrte. Auch fanden sich immer genügend Möglichkeiten, um selber Sicherungen zu legen.
Beim Abstieg vom Gipfel erwischte uns es schließlich dann doch, zwei Hagelschauer gingen über uns hernieder. Glücklicherweise war der Spuk aber bald zu Ende und wir konnten die Tour relativ entspannt zu Ende bringen. Der Weg runter ist an sich gut zu finden, mehrere Abseilstellen ersparen einem die mühsame Abkletterei an IIIer Stellen. Die letzte Abseilstelle ist durch ein großes Eisenkreuz markiert. In allen Topos und Beschreibung wird dabei auf einen Verhauer kurz vorher hingewiesen. Auch wir wären beinahe einfach gerade die Rinne runter, man muß aber noch mal nach rechts ein paar Meter hoch. Danach steht man am Kreuz und hat bald die Schwierigkeiten hinter sich. Um 17 Uhr waren wir schließlich bei der Capanna Gianetti. Insgesamt benötigten wir für die Tour 12 h.
Kaum befindet man sich auf italienischen Boden, versteht wieder keiner Englisch, geschweige den Deutsch. So gestalteten sich die "Verhandlungen" mal wieder schwierig. Die Hütte selber ist vollgestopft mit Schlafplätzen. Um denselbigen zu erreichen muß man quasi seinen Nachbarn über die Füsse klettern. Der nächtlich Gang zur Toilette gestaltete sich somit etwas abenteuerlich.

Dieses Kreuz gilt es beim Abstieg zu finden

Um von der Gianetti wieder zur Sasc Furä und zum Auto zurück zu kommen, gilt es zwei Pässe zu überqueren, den Passo Porcelizzo und Passo della Trubinasca. Genau dafür hatten wir Steigeisen und Pickel im Gepäck, da laut Beschreibung steile Schneefelder und Gletscher zu überwinden sind. Nix da, die Ausaperung ist inzwischen soweit fortgeschritten, man kommt auch über die Felsen ganz gut drüber. Im Frühjahr mag das allerdings ganz anders ausschauen. Kommt halt auf die jeweiligen Bedingungen an. Ich hatte auf alle Fälle mal wieder 2 kg Eisen umsonst über die Berge geschleppt. Der Weg ist an sich ganz schön in großartiger landschaftlicher Umgebung. Sogar einen Blick auf den Comer See konnte man erhaschen. Nur balanciert man die ganze Zeit auf mehr oder wenigen großen Granitblöcken, was die Sache doch auf Dauer sehr anstrengend macht. Äußerst sich im Schweißausstoß. Zwischendurch verfolgte mich eine ganze Schafherde, die wohl sehnsüchtig auf den Almabtrieb wartete. Da machte ich mir doch Gedanken über die Gerüche, die mir nach zwei Tagen Schwerarbeit im selben T-Shirt so anhafteten.

Passo Porcelizzo


Alle Texte und Bilder so nicht anders vermerkt von Stephan Rankl.
www.sirdar.de - Kommentar

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