Am 27.09.09 erreichte mich von Andreas aus Freising folgende Email:
"Ich bin am Sa. den 26.09.09 die Hochkesselkopfsüdwestverschneidung hoch.
Die Verschneidung ist einige Tage vor uns mit neuen BH (alle Standplätze und bis zu 7 ZH je SL) ausgestattet worden, nicht
immer der klassischen Linie folgend, aber mit Verstand.
Zu Deiner Beschreibung von der 9. SL: es geht jetzt den Kamin gerade hoch, VI- eine Stelle, aber ausreichend neue BH vorhanden
(A0 möglich) also nicht mehr auf das Schuttband hoch."
Meine folgende Routenbeschreibung samt Topo hat also damit wohl eher historische Bedeutung ...
Zustieg:
Von der Unterhofalm (Oberhofalm geht auch) folgt man der Beschilderung zum "Rinderfeld" und dann dem "Linzer Steig". Bevor
dieser in einer Scharte verschwindet kann man im Talboden bleiben und sich dann durch Latschen hochkämpfen oder auf einem
schwachen Schafpfad unter der Südwand durch das Geröll stolpern. Beides nicht toll. Man sollte im Eiskarl östlich des
Hochkesselkopfes landen. Die markante Verschneidung, durch die die Route führt, ist nicht zu verfehlen. Der untere
Schrofenvorbau mit Original-Einstieg kann von rechts über das Eiskarl umgangen werden. Dazu über schrofiges Gelände zu
einer Scharte und dahinter über Bänder in die Verschneidung und zunächst leicht bis zu einem Band unter einer Platte.
Dort Einstieg.
1. SL (30m, 3): Links der Platte durch schrofige Verschneidung zum Eingang einer Grotte. Dort Stand an Block.
2. SL (20m, 4+): Über die meist nasse Platte kleingriffig zu einem Klemmblock und dort rechts aus der Grotte heraus
und über eine Platte zum Stand (2NH).
3. SL (20m, 4): Einen Riss zum Stand in einer großen Nische verfolgen.
4. SL (40m, 4): Zunächst auf gleicher Höher 5m nach rechts, dann durch eine Rinne gerade hoch und über Untergriffe
zum Beginn einer großen Rampe unter Überhängen.
5. SL (40m, 3): Auf der Rampe weiter nach oben, bis unter einem Steilaufschwung.
6. SL (30m, 3): Ganz links über den Steilaufschwung hinweg, und links auf der Platte weiter.
7. SL (30m, 2): Gerade hoch bis zu einer kleinen Nische unter einem Überhang. Mit 60m-Seil kann diese und vorhergehende SL
auch zusammengehängt werden.
8. SL (30m, 4+): Ein Riss gibt den weiteren Weg klar vor. Darüber auf einem Band der Stand.
9. SL (40m, 5+): Auf dem Band nach links, nicht gleich in den ersten Kamin nach dem Stand einsteigen! Man erreicht einen
Felssturz, wo früher mal ein Überhang war. Vorsicht, es liegt viel Schutt und es ist unmöglich, nichts
loszutreten. Am Ende der Schuttrampe findet sich eine Verschneidung mit einer weißen Platte rechts.
Hier findet sich eine kurze, dank Felssturz neu entstandene Schlüsselstelle, mit mindestens 5+ (vormals 4+).
Diese läßt sich nur mit einem sehr kleinen Klemmkeil absichern, bzw. irgendjemand spendiert mal einen Haken.
Darüber dann durch einen geschwungen Riss, dann rechts über eine Platte in leichteres Gelände aussteigen.
Dort Stand an NH.
10. SL (40m, 4): Linkshaltend über eine Platte zum Beginn des Kamins. Etwaige Wegalternativen erübrigen sich durch einen
gewaltigen Schacht mitten in den Berg hinein. Links davon durch den teils sehr engen Kamin, darüber dann
Stand auf einem bequemen Absatz.
11. SL (25m, 4): Die folgende Platte wird über den rechten Riss überwunden (links ein Verhauerhaken), darüber dann auf
Platte weiter zum Stand deutlich vor einem Band.
12. SL (45m, 4+): Gerade hoch zum Band, dann links der berüchtigte Reitriss (was das ist, erschließt sich einem sofort beim
Anblick des dachartigen Gebildes). Darüber dann in einem Risskamin gerade hoch, bis das Gelände für wenige
Meter leichter wird. Nun nicht gerade aus durch einen weiteren Kamin, sondern links über eine Hangelschuppe.
Am Ende um eine Kante aussteigen und ein paar Meter hoch zum Stand.
Nun ca. 200m durch Schrofen (II, kurz III) weiter zum Gipfel.
Abstieg: vom Gipfel über zunächst über den Westgrat (Steinmänner). Vom Gipfel also kurz eher Richtung Süden absteigen und
dann am Grat entlang. Bald eher rechtshaltend in steileres Gelände und schließlich in eine Rinne. Hier nun abseilen (1x20m)
oder abklettern (III). Weiter rechtshaltend in auf und ab die Flanke queren bis zum Linzer Steig und auf diesem zurück ins
Tal (teilweise drahtseilgesichert).
Charakter:
(Gilt für die alte, nicht mehr aktuelle Routenführung)
Durch den erwähnten Felssturz ist die Route sehr steinschlaggefährdet. Dies gilt insbesondere, falls sich schon eine
Seilschaft in der Route befindet. Es stecken wenige Normalhaken, an den Standplätzen aber meistens zumindest einer (mit
Klemmkeilen nachhelfen!).
Klemmkeile lassen sich zur besseren Absicherung gut legen, der kompakte Fels läßt aber nicht allzu viel zu. Friends
bringt man nirgends unter.
Unsere erste Klettertour als Eheleute Rankl und aus der wäre beinahe nix geworden. Nachdem ich die erste Seillänge gemacht
hatte, kamen von oben die Steingeschosse. Unglaublich viele, ein wahres Inferno. Da überlegten wir nicht lange und ergriffen
die Flucht, es war zu befürchten, der ganze Gipfel kommt runter.
In sicherer Entfernung sahen wir dann die Übeltäter, eine Seilschaft war wohl sehr früh eingestiegen, befand sich aber nun
schon fast am Ausstieg und so wagten wir es doch noch mal. Die ersten Seillängen gingen fix, jedoch ist so ein klassischer
IVer doch eine andere (schwerere) Liga als die neuzeitlichen Touren in dieser Gewichtsklasse.
Eine weitere Überraschung stellte sich dann weiter oben nach der leichten Rampe ein. Der Überhang im Topo war nicht mehr da,
nur ein Loch im Fels, überall Schotter und splittriges Zeug. Nicht vor allzu langer Zeit mußte sich hier also ein Felssturz
ereignet haben. Es war unmöglich, keine Steinlawinen loszutreten, womit auch das morgendliche Bombardement aufgeklärt war.
Ich probierte noch den Kamin gleich neben dem Stand, der aber unter einem 6er nicht zu haben ist. Gut, ein paar Steinlawinen
später stand ich wieder vor dem, was der Felssturz zu Tage befördert hatte. Eine glatte weiße Platte. Ein schwieriger
Einzelzug, der meiner Meinung nach mindestens mit 5+ zu bewerten ist. Darüber existiert die alte Route aber zum Glück noch.
Man zweifelt kurz ob einer Variante, aber ein ziemlich tiefer Schacht tut sich unvermittelt auf und drängt einem links in
den Kamin, der doch unangenehm eng wird, man könnte es auch Körperriss nennen.
Das Schaustück der Tour ist ein schon glattpolierter Reitriss. Weiß man auch erst, wenn man davor steht was das ist. Danach
noch eine ähnlich zu kletternde Hangelschuppe und der Gipfel wird kann schließlich im leichten Gelände erobert werden.
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