Keine reine Klettertour, gefragt ist der versierte Schrofen-Bergsteiger, der sich auch vom "grandiosen"
Latschen-Finale nicht erschrecken läßt.
Ausgangspunkt:
Parkplatz unter der Jochbergwand (ca. 800m)
Anfahrt:
München - Kochel. Kesselbergstraße. Direkt unter der Nordwand des Jochbergs findet sich nach einer Serpentine und vor der letzten, bevor man den
Sattel vor Urfeld erreichen würde, ein Parkstreifen auf der rechten Seite.
Vom unteren Ende des Parkplatz folgt man jenseits der Kesselbergstraße dem Forstweg gleich links bis zu dessen Ende. Auf Pfadspuren geht es weiter,
bis man einen Grat im Wald erreicht. Auf diesen etwas hoch. Nun nach links, bis man direkt über dem Heckenbach steht. Man folgt nicht diesem, sondern
einem Bachbett rechts davon, welches in der Rinnen zwischen Nordost- und Mittelgrat endet.
Kurz vorher klettert man links über Gras auf den östlichen Begrenzungsgrat. Durch einen Steilwald geht es direkt hoch. Man trifft erneut auf die
Begrenzungskante zur Schlucht rechts und hält sich etwas links. Über eine kurze, felsige Rinne (I-II) erreicht man den eigentlichen Fuß des
Nordostgrats. Etwas links von der Gratschneide sollte man eine deutlich ausgeprägte Rinne entdecken. Am Beginn dieser, mit seichtem Einstiegswulst,
steckt links in einer Nische "der" rote Haken. Es ist der einzige in der ganzen Tour.
Durch die Rinne im Steilgras rechtshaltend hoch. Am Ende der Rinne nach links zu einem Seitengrat und auf die andere Seite der Kante wechseln. Über
eine Rampe mit gutem Fels kommt man bis unter den ersten Gratkopf. Über mehere übereinander liegende Bänder diesen erklettern. Jenseits in eine
Scharte hinab und weiter links in einen Graben absteigen. Man umgeht somit die schwierigen Gratzacken im Mittelteil des Nordostgrates auf der
Ostseite. Durch den Graben also wieder hinauf, bis man die Scharte hinter den schwierigen Gratzacken erreicht.
Möglichst nahe der Gratkante zwängt man sich nun zwischen Latschen hindurch, bis das Gelände einfacher wird. Die Schwierigkeiten im Fels hat man
dann überwunden. Was folgt, ist Kampf durchs Unterholz. Wohl dem, der einen Freischwimmer hat ... ;-)
Man kämpft sich in direkter Linie durch die Latschen hindurch, bis die Gipfelwiese erreicht ist. Ab dann sind es nur noch wenige Meter bis zum
höchsten Punkt.
Abstieg:
Entlang des Normalwegs in den Sattel oberhalb von Urfeld. Entlang der Kesselbergstraße zurück zum Parkplatz. 2h.
In der Schlucht zwischen Nordostgrat und Mittelgrat. Hier Schlucht nach links verlassen und durch Steilwald zum Fuß des Nordostgrats
ansteigen.
In der Rinne unterhalb des roten Hakens.
"Der" rote Haken.
Durch diese Rinne musst du gehen.
Die markanten Gratzacken im Mittelteil. Man umgeht diese links durch einen Graben.
Latschengewühl voraus!
Anmerkung 2020: Mir wurde mitgeteilt, dass jemand am Ausstieg eher großflächig eine Schneise durch die Latschen angelegt hat.
Davon möchte ich mich ausdrücklich distanzieren. Ich möchte weiterhin betonen,
für mich gibt gerade das alpine Ambiente der Route ihren besonderen Reiz. Dazu gehört auch ein, wenn auch unangenehmer, Weg durch die Latschen. Das sollte man nicht zerstören, das ist Teil des
Abenteuers. Autobahnen findet man anderswo zur Genüge.
Die Route im Überblick.
Charakter:
Das Ganze ist keine eigentliche Klettertour, wie man sich das vorstellt. Sondern eher was für erfahrene "Schrofen-Bergsteiger", die auch Kletterstellen
nicht scheuen. Im unteren Teil ist man froh um die Latschen, weil man daran hervorragend Schlingen zum Sichern legen kann. Oben hat man sich durch ein Latschendickicht zu kämpfen. Die Tour ist
auch deswegen recht abenteuerlich, festen Fels wird man
nicht antreffen, dafür aber viel Steilgras.
An alle Kletterer, bitte lasst die Tour, so wie sie ist! Sie ist schön so!
Karte:
Kompass-Karte, Nr. 6 "Walchensee, Wallgau, Krün", 1:50000
Titel: Bayerisches Latschenringen Bergspezln: Martin
Die Nordwand des Jochbergs über dem Kochelsee ist ja aus der Ferne betrachtet durchaus ein Schaustück. Im Winter ist bei guten Bedingungen auch einiges
los in der Wand. Nicht mehr ganz so bekannt ist, man kann da auch im Sommer hoch. Statt der Rinnen empfehlen sich dann aber eher die Grate.
Der Nordostgrat ist dabei der "beliebteste", wobei sich die Anzahl der Begehungen mit Sicherheit in Grenzen hält. Ich war mit einem ausgewiesenen Kenner
der durchaus ausgedehnten Zone am Wandfuß unterwegs. Martin hatte den Weg zum Einstieg schon ausgekundschaftet. Ansonsten könnte man hier schon mal die
eine oder andere Runde drehen, bis man an der richtigen Stelle rauskommt. Bei näherer Betrachtung wartet der Nordostgrat einerseits mit vielen schönen
Felszacken auf, andererseits ist er aber auch ziemlich "botanisch", soll heißen Latschen und anderes Gestrüpp gedeiht prächtig am Grat. Der Mittelgrat
hätte in der Beziehung noch mehr zu bieten, also nicht Felszacken, sondern Botanik.
Nachdem man also die Rinne zwischen Nordost- und Mittelgrat gefunden hat, geht es links davon zunächst über Steilwald ziemlich weit hoch.
Schlüsselstelle der Tour sowohl hinsichtlich Orientierung als auch Kletterschwierigkeit ist eine Rinne, durch die man den eigentlichen
Grat erreicht. Da steckt am Anfang ein roter Normalhaken. Wir begannen hier mit Seilsicherung. Nominell ist das zwar alles nur maximal ein IIer, aber es
zählt halt in dem Gelände nicht die reine Kletterschwierigkeit, sondern eher der "Schrofenfaktor". Soll heißen, der feste Fels versteckt sich gut
zwischen Gebrösel und Steilgras. Das macht die Sache moralisch anspruchsvoll. Über die Latschen ist man hier noch dankbar, da man dadurch gut mit
Schlingen sichern kann. Es folgen die schönsten Klettermeter auf den ersten Kopf des Nordostgrates. Hier steht man exponiert über der tiefen Schlucht
zwischen Graten und hat einen wunderbaren Blick zum Kochelsee. Vor einem liegen einige schroff aussehende und nicht so ganz einfach erreichbare
Felszacken, die man aber auf der Ostseite einfach umgehen kann. Man steigt durch einen Graben wieder hoch bis zum Grat. Damit hat man den felsigen Teil
schon erledigt und es folgt der botanische. Kampf gegen die Latschen ist angesagt. Eine gute Gasse konnten wir nicht entdecken und so wühlten wir uns
durch das Unterholz. Das ist Ganzkörpersport. Äste wegdrücken, Gleichgewicht auf Ästen halten, weitersteigen und das Ganze von vorne. Da reichen wenige
100 Meter, um einen konditionell an die Grenze zu bringen.
Also erstmal durchschnaufen im angrenzenden lichten Wald, bevor man die Gipfelwiese betritt und wie Außerirdische von dem zahlreich anwesenden
Wandervolk begutachtet wird. Typen mit Helm und Klettergerödel laufen hier normalerweise im Sommer nicht rum, also wird man auch gleich zur Rede
gestellt und darf Interviews geben. Fazit zur Route, eher was für Sammler, aber hat halt auch nicht jeder im Tourenbuch stehen und bei nächsten Fahrten
ins Gebirge kann man dann immer zur Jochberg-Nordwand rüberschauen und die Route in Gedanken nochmal durchgehen.
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