München - Chamonix über Martigny = ca. 600km. Kostenfreier Parkplatz
direkt in Chamonix bei der Montenvers-Zahnradbahn.
Stützpunkt:
Refuge du Couvercle (2687m)
Die alte Hütte unter einer Granitplatte dient als Winterraum und bietet ca. 20
Lager mit Decken. Holz bzw. Kohle wird angeblich bereitgestellt. Im April war davon allerdings
nichts mehr übrig. Dafür umso mehr halbleere Gaskatuschen. Es gibt keine Töpfe.
Es muss Schnee geschmolzen werden. Bei guten Bedingungen kann es ziemlich voll
werden, auch im Winter!
Zustieg (ca. 3.5h von der Montenvers-Bergstation):
(Beschreibung des Zustiegs mit Skiern)
Von der Bahnstation (erste Bahn morgens um 9 Uhr) einige Höhenmeter hinab auf das Mer de Glace. Dazu wurden in
die vom Gletscher glattgeschliffenen Granitplatten Leitern angebracht. Nun im
Aufstiegssinn eher auf der linken Seite flachansteigend das Mer de Glace hoch.
Links auf den Glacier de Leschaux (die Nordwand der Grandes Jorasses dient als
eindrücklicher Wegweiser).
Man geht auf dem Gletscher um die Felsläufer des langen von der Aiguille Verte ausgehenden Südgrates
herum, bis sich mittels eines steilen, schneegefüllten Couloirs eine Lücke in der
Felsbastion auftut. Durch das Couloir hoch auf einen Ausläufer des Glacier de
Talefre. Links unterhalb der Aiguille du Moine schließlich das Refuge du Couvercle.
Im Sommer führen Steiganlagen vom Glacier de Leschaux zur Hütte.
Refuge du Couvercle: N 45.91059° E 6.96609°
Route:
Aiguille Verte, Whympercouloir
Zum Einstieg (2.5h):
Von der Hütte nicht auf den Gletscher absteigen, sondern direkt links zu einem
Sattel unterhalb der Aiguille du Moine hoch und immer im unangenehm nach rechts
hängenden Gelände der Felswand folgen. So geht man den ganzen Bogen des
Gletscherkessel aus und gelangt schließlich direkt unter das Whympercoulior.
Whympercouloir (3-5h):
Erstes Problem, der Bergschrund. Bei uns fand sich ganz links der einzig mögliche
Übergang. Darüber nicht gleich aufsteigen, sondern eher direkt nach rechts zur
gegenüberliegenden Begrenzung des Couloir queren. Hier im Aufstiegssinn am rechten
Rand führt ein kleines Sekundärcouloir nach oben. Dieses kann je nach Bedingungen
bis zum Ende verfolgt werden oder man steigt nach ca. 20m im Couloir gleich links
auf eine Firnrippe aus. Über dem Sekundärcouloir weitet sich das Gelände. Man hält
in direkter Linie auf ein paar Felsinseln zu. Der Schlußteil des Whympercouloirs
wird sichtbar, links (Aufstiegssinn) um die Felsausläufer von der Grande Rocheuse
steigt man in die Schlußrinne ein und verfolgt diese bis zum Ausstieg am Grat.
Nun den ausgesetzten, schmalen Firngrat verfolgen und in wenigen Minuten bis zum
höchsten Punkt.
Abstieg:
Entlang der Aufstiegsroute. Abseilstellen sind im ganzen Couloir eingerichtet.
2x55m Seile sind jedoch zwingend erforderlich, um durchweg abseilen zu können.
Es sollte etwas Material mitgeführt werden, um Abseilstellen ausbessern zu können.
Aiguille Verte: N 45.93457° E 6.97001°
Charakter:
Im Whympercouloir braucht es gute Verhältnisse, die sich vor allem
im Frühjahr einstellen dürften. D.h. durchgehend Firnauflage und die Tage nicht zu
warm, ansonsten hat man Steinschlag und Nassschneerutsche zu fürchten. Anfang April
war der Großteil des Couloir bis 11 Uhr im Schatten. Wandhöhe beträgt ca. 600 Hm,
die steilsten Stellen weisen 55° Neigung auf. Die Durchschnittsneigung ist relativ
hoch, es gibt kaum flachere Passagen.
Ist das Whympercouloir zu sehr ausgeapert, sollte man sich unbedingt eine andere
Route aussuchen. Abgeseilt wird am Couloir-Rand, so dass man hier relativ sicher vor
von oben kommenden Geschossen ist. Nur die letzten Meter durch das Sekundärcouloir
bewegt man sich genau in der Hauptschusslinie.
Karte:
IGN 3630 OT "Chamonix, Massif du Mont Blanc", 1:25000
Führer:
Harmut Eberlein "AV-Führer Mont-Blanc-Gruppe", Bergverlag Rudolf Rother, 9. Auflage 2000, München
Pause "Klassische Alpengipfel", BLV Verlagsgesellschaft, 1986 München
Titel: Hauptprüfung zum Alpinisten bestanden (Wertung:ausreichend) Bergspezln: Woife
"Schwierigster Viertausender der Alpen"
"Die Aiguille Verte macht einem zum richtigen Alpinisten"
Lauter Zitate von Größen des Bergsports. Anspruchsvoll ist der Berg, dass kann ich unterschreiben.
Und anstrengend, genau, wirklich anstrengend. Ein Schinder möchte man sagen. Der Normalweg geht
durch das Whympercouloir, reine Schneestapferei über 600 Höhenmeter. In dem Sinn eigentlich
alles andere als schwierig. Mit vorhanden Spuren im Firn ist das im Endeffekt eine sehr steile,
endlose Treppe. Nur 55° ziehen doch gewaltig nach unten. Die Route wird ja schon seit Jahren totgeschrieben, aber sie geht immer noch. Nur halt zu einer
anderen Jahreszeit wie früher.
Das erste Mal in Chamonix. Zum ersten Mal der legendäre Blick mit eigenen Augen von Montenvers das
Mer de Glace hinunter bis hinter zur Nordwand der Grandes Jorasses. Den schweren Rucksack geschultert
und hinab ins Märchenland. Leitern führen dorthin. Endlos geht es über glattgeschliffene Granitplatten
hinab, bevor man den Gletscher betritt. Dort rauschen erstmal die ganzen Tourenskifahrer von der
Aiguille de Midi vorbei. Immer schön im Pulk, so wie sie an der Bergstation entlassen wurden.
Leicht ansteigend folgen wir dem Gletscherlauf. Der Blick weitet sich, ein riesiger Kessel mit steilen
Felsnadeln und Gletschern dazwischen. Riesige Eisbrüche. Dort oben der steile Zahn namens Dent de Geant.
Unser Ziel lautet Refuge du Courvercle. Die alte, als Winterraum dienende Hütte sieht aus wie eine
Bauarbeiter-Schachtel und wurde direkt unter eine riesige Granitplatte gestellt. Die Aussicht ist
genial. Direkt gegenüber die Nordwand der Grandes Jorasses mit Walkerpfeiler. Den Kopf nach rechts
gedreht und der Mont Blanc samt Trabanten versperrt den Horizont. Tja, und links das fehlende Glied
zum Dreigestirn, die Aiguille Verte, das Whympercouloir bestens einzusehen.
Zu unchristlicher Zeit, halb zwei Uhr morgens marschieren wir los. Es ist stockdunkel. Der Mond
wird erst sehr viel später über der Grandes Jorasses aufgehen. Wir folgen den Spuren durch unbekanntes
Gelände. Im Dunkeln unangenehm steil und immer nach rechts hängend. Man folgt einem Felskranz der
den Glacier de Talefre einkesselt. Nach 2.5 Stunden stehen wir am Beginn des hier sehr breiten
Whympercouloirs. Skidepot. Wir vermuten den besten Übergang über den Bergschrund ganz rechts, doch
dort geht nichts. Ein breiter Schlund mit meterhoher Eiswand dahinter versperrt den Weg. Also die
ganze Breite des Couloirs nach links gequert und am anderen Ende findet sich schließlich der
ersehnte Durchschlupf. Wir müssen nun überhalb des Bergschrundes wieder zurück zur jenseitigen
Begrenzung. Leicht ansteigend gehe ich voran. Ein Fehler. Schon sind wir zu hoch über dem Einstieg
zu einem Sekundärcouloir. Das merken wir jedoch erst, als uns ein Felsriegel vor der nach oben
führenden Firnrampe trennt. Zwischendurch macht das Whympercouloir seinem Ruf alle Ehre und schickt
mehrere Wurfgeschosse über unsere Köpfe hinweg. Verhauer, es ist kalt, es ist finster, ich bin
müde. Unlust
macht sich breit, was tue ich hier? Da kann hochsteigen wer will, mir langts. Ich teile dies Woife
mit und es gelingt mir ihn zu überzeugen, die Sache abzublasen. Wir seilen ab.
Doch nach nicht mal zehn Meter tut sich unerwartet ein leichter Durchschlupf zum richtigen Weg
auf. Woife packt der Ehrgeiz und nun ist es an ihm mit der Überzeugungsarbeit. Nun gut, was solls,
wenn wir schon mal hier sind. Also weiter hoch durch den engen Schlauch. Die einfache Variante
links über eine Firnrippe übersehen wir. Stattdessen folgen wir dem Sekundärcouloir bis zum Ende.
Und siehe da, ein paar Meter über mit dickem Eis überzogenen Fels machen sogar Spass.
Inzwischen wird es hell. Für die allseits niedergeschriebene Doktrin, bis neun Uhr sollte man aus
dem Couloir wieder raus sein, sind wir viel zu langsam. Speziell ich bin konditionell am Ende.
Nur mehr meterweise geht es voran. Der Wind bläst von oben Eiskristalle vom Fels, man fühlt sich
wie in einem Hagelsturm. Doch der Himmel ist blau, die Sonne strahlt. Aufgeben gilt jetzt nicht
mehr. Da wir nun eh zu spät dran sind, haben wir alle Zeit der Welt, bis die Sonne nachmittags
wieder aus dem Couloir verschwindet und sich der Firn verfestigt. Und die nutzen wir. Mühsam
kämpfen wir uns also nach oben. Schritt für Schritt. Wir sichern durch, obwohl man bei besten Firn
auch seilfrei gehen könnte. Doch die Erschöpfung ist allgegenwärtig. Dankbar nehmen wir die vielen
als Abseilstellen gedachten Fixpunkte an den Felsen zum Standplatzbau an.
Noch fünf Meter zum Ausstieg am Grat. Es ist warm. Ich schaue über die Kante und tatsächlich,
endlich findet das Couloir sein Ende. Die Aussicht dagegen öffnet sich. Unglaublich. All die
bekannten Westalpenberge sind auszumachen und natürlich das Mont-Blanc-Gebiet zu unseren Füßen.
Den schmalen Firngrat zum höchsten Punkt bewältigen wir auch noch und fallen regelrecht auf die
Knie, aus purer Erschöpfung versteht sich.
Immer wieder erstaunlich ist es, wie schlagartig die Kräfte zurückkehren, wenn es denn dann doch
an den Abstieg geht. Wir seilen durch das ganze Couloir ab, was zwar lange dauert, aber das ist
uns egal. Der Tag ist noch lang und die jetzt hochstehende Sonne zeigt wenig Wirkung auf den
immer noch ziemlich festen Firn. Der Rest geht auch noch und wir wanken spätnachmittags wieder
in die Hütte.
Soweit die Geschichte, die wir einst unseren Enkeln erzählen werden. Sind noch die Jungspunde
zu erwähnen, die sonst so hier in den Couloirs
rumspringen. Wahnsinn, mit welcher Leichtigkeit die sich auf und ab durch die Rinnen bewegen. Da
kann unser einer nur träumen davon und sich Sprüche anhören wie, "Schon zehn Jahre mit dem Studium
fertig? Dann hast dich aber gut gehalten ..." Danke, aber mein Seil vergeß ich noch nicht daheim, wie
einer dieser Jungspund-Bergführer, der die Dreistigkeit besitzt uns mitten in der Nacht deswegen
auch noch aufzuwecken. Habs ihm nicht gegeben.
Nachtrag (08.09.2008):
Bevor mich jetzt noch mehr Nachrichten aus Innsbruck erreichen, möchte ich hier etwas klarstellen:
Der "Jungspund-Bergführer" war ein Schweizer. Da wir noch eine Nacht länger auf der Hütte verweilten, ereignete sich
die "Seilgeschichte" zu einem Zeitpunkt, da die Gruppe aus Innsbruck (eindrucksvolles Anschauungsobjekt für
Verhaltensbiologie, viel zu viele Gockel und nur zwei Hennen ... ;-) bereits weiter gezogen war.
Nein und nochmals nein, mitten im vergletscherten Gebiet geb ich mein Seil nicht her. Außer, mir spendiert jemand
nen Heli ins Tal.
Derzeit keine Kommentare vorhanden Kommentar hinzufügen
Hier könnt ihr Anmerkungen loswerden, welcher Art auch immer.
Regeln:
Bitte kein HTML verwenden (wird rausgefiltert). Ich behalte mir vor, Kommentare zu löschen, falls sie nicht zum Thema passen, oder sonstwie
unsachgemäß sind.
www.sirdar.de
"Zugspitz? Grodaus!" Die großen Wettersteingrate und andere kleine Abenteuer