Anfahrt von München:
München - Chamonix über Martigny = ca. 600km. Kostenfreier Parkplatz direkt in Chamonix bei der Montenvers-Zahnradbahn.
Stützpunkte: Dite Chalet la Montagne, 789 Promenade des Cremeries, F-74400 Chamonix (0033-(0)45053-1160, mobil: 0033-(0)67097-4311) ->
Günstige Bergsteigerunterkunft im Tal, noch dazu in zentrumsnaher Lage. Refuge du Requin (2516m), Günstiger Zwischen-Stützpunkt falls man ganz vom Tal aussteigt, im Winter nicht sehr viele
Plätze (ca. 20), unbedingt reservieren sonst wird man wieder ins Tal geschickt. Refuge du Cosmique (3613), unterhalb der Bergstation der Aiguille du Midi, sehr große und gemütliche Hütte. Im Winter
in der Regel offen, falls nicht, dient das nahe Abri-Simond-Biwak als Winterhütte.
Route:
Ich beschreibe hier den vollständigen Weg vom Tal weg, wohlwissend, dass die übergroße Mehrheit mit der Bahn hochfährt.
Trotzdem sei jedem aufgrund der großartigen Szenerie der Aufstieg über das Mer de Glace empfohlen. Zwar bewegt man sich
im Endeffekt auf einer riesigen Skipiste (sehr beliebte Abfahrt von der Aiguille du Midi), aber bei schönem Wetter wird
man trotzdem reichlich entschädigt.
1. Etappe (ca. 7h):
Der Weg beginnt direkt am Parkplatz der Montenvers-Zahnradbahn. Man steigt zunächst direkt neben der Bahn auf und hält sich
immer auf dem untersten Weg (gut beschildert). Je nachdem, wie früh in der Saison kann man auch bald die Skier anschnallen.
So quert man schließlich einiges unterhalb der Bahntrasse am Hang entlang bis zu einer Kreuzung mit Schildern. Hier kann man
sich überlegen, ob man zur Zahnradbahn hochsteigt und dann wieder über Leitern auf den Gletscher kommt, oder man bleibt auf
dem untersten Weg und erreicht zuletzt über Gletscherschliffplatten eine kleine verschlossene Hütte. Von hier geht es mit
minimalen Höhenverlust und sehr einfach auf das Mer de Glace, weswegen ich diesen Weg mit Skiern (auch umgekehrt) empfehle.
Im unteren Teil des Mer de Glace hat man nun die ganze Breite des Gletschers, um sich seine Aufstiegsspur zu suchen, ein erster
Eisbruch wird links liegen gelassen und man steht schließlich auf einem großen Platz, von rechts mündet der Glacier du Tacul.
Man schiebt nun auch rechtshaltend über eine weite ermüdende Ebene. Auf einem Felssporn voraus ist deutlich die Requin-Hütte
zu erkennen. Man würde dort auch direkt über sehr steile Hänge gelangen, aber die Sonneneinstrahlung macht diese Hänge sehr
gefährlich (Lawine, Steinschlag). Weswegen man auf den Gletscherbruch links unter der Hütte zu steuert. Ganz links gibt es
eine angenehme Durchschlupfmöglichkeit, darüber erreicht man eine weitere kleine Ebene zwischen den Brüchen. Hier geht man direkt
an den Steilhang unter der Hütte heran (Vorsicht, große Spalten!) und erreicht die Hütte schließlich über einen weiten
Linksbogen. Nicht sehr schwierig, aber es besteht durchaus Eisschlaggefahr.
2. Etappe (ca. 4h):
Vom Refuge du Requin könnte man auch sehr direkt zur Aiguille du Midi aufsteigen, wie zahlreiche Abfahrtspuren beweisen,
jedoch würde man sich dann einer unnötigen Spalten- und Eisschlaggefahr aussetzen. Deswegen sollte man von der Requin wieder
auf den Gletscher zurückgleiten und rechtshaltend, eine Steilstufe überwindend, den Glacier du Geant erreichen. Im weiten
Kessel folgt man dem flachsten Weg und geht fast direkt bis an die Nordostwand des Tacul heran, bevor man in einem Bogen zum
Nunatakker (Fels im Gletscher) namens Gros Rognon ansteuert. Der Gipfelturm der Aiguille du Midi ist längst sichtbar und
links unterhalb luftig auf einem Felsgrat auch die Cosmique-Hütte.
3. Etappe (ca. 3-4h):
Gipfel des Mont Blanc du Tacul über die Nordwestflanke. Diese ist beginnend vom Col du Midi sehr steil (durchschnittlich ca.
35°, max. 40°), der beste Weg ändert sich ständig. Jedoch kann man von der Cosmique aus den Hang in aller Ruhe studieren und
sich seine Ideallinie suchen. Meist wird man zunächst in einer Mulde (Eisschlag, Lawine) direkt bis fast an die Seracs heran
steigen und dann dort, wo es flacher wird nach rechts hinausqueren, um dann bei günstiger Gelegenheit auf die breite
Gipfelkalotte auszusteigen. Den höchsten Punkt bildet ein Felsturm, der normalerweise in einfacher Blockkletterei zu ersteigen ist.
Abfahrt entlang des Aufstiegs! Wahrhaft monsterhaft lange und bei guten Verhältnissen unvergleichliche Abfahrt!
Charakter:
Die als "Vallée Blanche" bekannte Abfahrt von der Aiguille du Midi nach Montenvers über das Mer de Glace ist normalerweise
skipistenmäßig eingefahren. Nur zu gern läßt man sich dadurch täuschen und verkennt, dass man sich im durchaus anspruchsvollen
alpinen Gelände bewegt. Spalten, Eisschlag, Steinschlag, Lawinen, alles geboten.
Besondere Vorsicht ist dahingehend am NW-Hang des Tacul erforderlich!
GPS:
Parkplatz Zahnradbahn: N 45.92303° E 6.87707°
Hütte Mottets (Gletscherzunge Mer de Glace): N 45.94004° E 6.91746°
Irgendwo auf dem Mer de Glace 1: N 45.93720° E 6.92109°
Irgendwo auf dem Mer de Glace 2: N 45.91019° E 6.93722°
Refuge du Requien: N 45.88462° E 6.92971°
Glacier du Geant 1: N 45.85935° E 6.91407°
Glacier du Geant 2: N 45.86868° E 6.90111°
Refuge du Cosmique: N 45.87313° E 6.88557°
MB du Tacul, Gletscherkalotte: N 45.85777° E 6.88647°
Karte:
IGN 3630 OT "Chamonix, Massif du Mont Blanc", 1:25000
Führer:
Harmut Eberlein "AV-Führer Mont-Blanc-Gruppe", Bergverlag Rudolf Rother, 9. Auflage 2000, München
Titel: Wie sich 3200m auf 15 reduzieren lassen Bergspezln: Jens, Woife
Mit einer ganz großen Idee waren wir angetreten, die Überschreitung des Mont Blanc vom Tal aus, total ehrlich, ohne Seilbahn.
Die Bedingungen schienen perfekt, drei Tage gutes Wetter in der Vorhersage und auch sonst alles im Rahmen. Ein klassischer
Start-Ziel-Sieg. So stiefelten wir los und durften früher als erwartet die Skier an die Füsse schnallen.
Wir wählten den untersten Weg auf das Mer de Glace, was sich als deutlich besser herausstellte, als die Ewigkeitsleitern von
der Station der Montenvers-Zahnradbahn herunter. So bewegten wir uns aufgrund des Aiguille-Verte-Trip im schon vertrauten Gelände
durch eine wahrlich atemberaubend schöne Szenerie. Alpenweit einmalig.
Bis zur Requin-Hütte reiht man so einige Kilometer aneinander, die vielen Skifahrer von oben stören auf Dauer doch ein wenig, aber auf
dem Gletscher ist viel Platz, um sich gegenseitig auszuweichen. Die meiste Zeit zumindest. Direkt unter der Requin-Hütte beginnt
die eindrucksvollste Passage dieses Aufstiegs, man steigt zwischen gewaltigen Eisbrüchen in einem Linksbogen zur Requin-Hütte
hoch. Die ist vorallem tagsüber bei den Skifahrern sehr beliebt, abends ist sie fast leer. Die resolute Hüttenchefin schickt
trotzdem vier Italiener ins Tal, die vorher nicht reserviert hatten. Ansonsten sind aber alle sehr nett.
Der nächste Tag beginnt gleich mit einer etwas gruseligen Querung unter Seracs entlang, bevor wir auf dem Hauptstrom des
Gletschers weiter nach oben wandern. Die Szenerie steigert sich mit jedem Höhenmeter. Im Rücken haben wir den eindrucksvollen
4000er namens Aiguille-Verte. Gut, das wir da schon oben waren, das Whymper-Couloir sieht so frontal ziemlich garstig aus. Vor
uns der Tacul mit seinen Couloirs und Felsgraten. Scheinbar überall sind Bergsteiger oder zumindest deren Spuren zu sehen. Wir
lassen uns Zeit und wundern uns doch über die immer noch nicht abgebaute Seilbahn, die von der Aiguille du Midi zur Punta Heilbronner rüberzieht. Mal
abgesehen davon, dass eine Seilbahn hier oben ein ziemlicher Schmarrn ist, fragt man sich aber doch, wie man es geschafft hat,
diese überhaupt erst zu errichten.
Die Cosmique-Hütte kommt in Sicht und mit ihr die serac-gepanzerte Nordwestflanke des Tacul, es sind Spuren drin. Hurra! Letzte
Zweifel, dass die Tour wie geplant doch nicht klappen könnte, werden hinweggefegt. Direkt von der Cosmique hat es einen
atemberaubend steilen Blick runter ins Tal, direkt vor uns stürzen sich waghalsige Skifahrer durch Steilrinnen hinab. Drüben
am Mont Blanc ist der Normalweg gespurt. Perfekt!
Die Ernüchterung kommt, als uns der Hüttenwirt eröffnet, dass die Überschreitung zum Mont Blanc nicht möglich sei, da das
steile Col unter dem Mont Maudit voll mit Schnee ist und nicht eingespurt wurde. Viel zu lawinengefährlich! Eine zurückkehrende
österreichische Gruppe berichtet von grundlosem Pulverschnee. Das darf doch alles nicht wahr sein! Wir haben uns tatsächlich
die eine Route im ganzen Gebiet ausgesucht, die nicht geht. Mist ...
Wir wollen es trotzdem versuchen und zumindest die Skier zum Tacul hochtragen. Eventuell findet sich ja noch ein anderer
Durchschlupf, zwei Schwaben hätten da auch die passende Idee. Der Nordost-Grat des Maudit vielleicht? Wir werden sehen.
Neuer Morgen, neuer Schnee. Über Nacht gab es leichten Schneefall und der Wind hatte alles zu doch erstaunlichen Mengen
zusammengeblasen. Die Spur vom Vortag auf den Tacul war jedenfalls erstmal weg und so hatten wir die Ehre den Berg neu
einzuspuren. Bei einer Querung nach rechts wurde der Schnee dann doch ziemlich lawinös und ich dachte zum ersten Mal an Umkehr,
doch die zwei Schwaben fanden den Durchschlupf. Ein Stück weiter oben folgte eine sehr interessante Passage durch Seracs hindurch.
Die Gipfelkalotte geizt auch nicht mit Spalten, so dass wir jederzeit auf der Hut sein mußten. Kurzer Blick zum Maudit, nein
da ging nichts, überall nur Lawinenhänge und so konnten wir nur neidisch zum Normalweg des Mont Blanc rüberspechten, wo Seilschaften
ungefährdet zum Gipfel hochgingen.
Wir mußten uns also mit dem Nahziel Tacul begnügen, wenigstens der sollte doch gehen. Weit gefehlt! Wind und Neuschnee hatten
über Nacht aus dem Gipfelturm ein an sich wunderschönes Gebilde geschaffen, wie es sonst nur in Patagonien zu finden ist. Pech
für uns, die laut Führer "einfache Blockkletterei" wurde zum Ding der Unmöglichkeit, da jeder Griff und Tritt unter lockerem
Schnee versteckt war. So mußten wir 15 Meter unter dem höchsten Punkt des Tacul aufgeben. Ist zwar kindisch, aber das wurmt
im Nachhinein schon gewaltig. Da konnten auch die an die 3200 Meter Abfahrt runter nach Chamonix nur bedingt trösten.
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