Da standen wir also mitten in der Nacht am Flughafen. Nun erst mal die Einreise hinter uns bringen, was aber erstaunlich einfach
ging. Die Grenzer konnten zu unserer Überraschung alle ein paar Brocken Deutsch, Englisch Fehlanzeige. Einen direkten Weiterflug
nach Mineralny Vody gab es nicht. So standen wir etwas ohne Plan vor dem Flughafen. Sofort waren wir umringt von Taxlern, einer
konnte Englisch. Unser Plan war eigentlich für eine Nacht im Intourist-Hotel abzusteigen. 50 USD kostete uns die Fahrt in die
Stadt, da haben wir uns aber gnadenlos abzocken lassen. Zudem sprach derjenige, der uns dann fuhr, nur noch Russisch und blöderweise
hat ihm niemand gesagt, wo wir hinwollen. Also setzte er uns einfach am Busbahnhof ab. Die übliche Taktik mit dumm schauen und
ahnungslos rumstehen funktionierte zum Glück. Man stelle sich einen Taxler mit riesigem Bierbauch vor, den er auch noch mit offenen
Hemd zur Schau stellt. Würden sie diesem Menschen mitten in der Nacht vertrauen? Wir taten es, weil er konnte Englisch. Es stellte
sich heraus, dass er eigentlich supernett war und schließlich die ganze Weiterfahrt für uns regelte. Unser Retter in der Nacht.
Die Bus-Fahrpläne konnten wir nicht lesen, da alles auf kyrillisch. Aber unser Taxler-Hero kundschaftete einen Bus nach MinVody
aus, ein Uhr morgens Abfahrt, koa Problem ... aber, wir hatten keinen Rubel in der Tasche nur Dollars. Ich fragte nach einem
Bankautomaten und unser Taxler-Hero packte mich und Wolfgang ins Taxi. So einen Bankautomaten hab ich dann allerdings noch nie
gesehen. In einem schwer gepanzerten Container hockte eine Dame hinter einer Plexiglasscheibe. So kamen wir zu Rubel und damit
zu Bustickets. Die Mär, dass es in Russland überdurchschnittlich viele schöne Mädls gibt, stimmt übrigens voll und ganz ... ;-)
Unser Anreise-Abenteuer sollte noch weitergehen, der Bus mit dem wir durch die Nacht fuhren, war der Wahnsinn. So stellt man sich
den Ostblock vor. Der Bus 30 Jahre alt, wir sassen ganz hinten und hatten ständig die Abgase in der Nase. Ständig mußte der Fahrer
irgendwelche Schrauben nachziehen und einmal leckte so eine Art Kühlerschlauch, der mitten durch den Fahrgastraum gelegt war.
Am Busbahnhof in MinVody das übliche Spielchen. Wir schafften es schließlich ein Privat-Taxi zu organisieren oder liesen es uns
vielmehr aufquatschen. Wolfgang konnte ein paar Brocken Russisch und dieses Gekritzel lesen, was sehr hilfreich war. So
quetschten wir uns samt Gepäck in einen Lada-Combi und ab ging es Richtung Baksan-Tal. Unser Fahrer entpuppte sich als die
russische Ausgabe von Walter Röhrl. Öfters mal standen Kühe auf der Fahrbahn, nix Bremsen, mit vollem Speed im Slalom um die
Viecher rumgekurvt.
Das Baksantal ist wunderschön, am Anfang erinnert es ein bischen an gewisse Ecken in den Dolomiten (Tofana), am Ende stehen
eindrucksvolle Gletscherberge. Wir hatten uns ja die "Rahmenbedingungen", also Permit, bürokratischer Kram und Unterkunft im
Tal von einer russischen Agentur (Pilgrim-Tours) organisieren lassen. Es galt deren Basislager im Tal (Terskol) ausfindig zu machen. Zwar
stand brezenbreit ein Schild auf der Straße, welches wir aber ignorierten. Nach einigem Suchen und sinnlosen Disput mit
Einheimischen und Fahrer besannen wir uns darauf, dass das Schild vielleicht auch auf unser Hotel hinweisen könnte. Und so waren
angekommen In nicht mal 24 h hatten wir den weiten Weg von Trabzon nach Terskol geschafft!
1.8.03 1. Tag Elbrus
2100 m - 3050 m; Temp. Tag: 26°C, Nacht: 8°C
Erster Tag am Elbrus und ich hatte Durchfall, na bravo! Die meisten Aspiranten machen es hier so, dass sie sich bis Azau
kutschieren lassen, dort in die Gondel einsteigen und sich bis auf 3800 m zu den Barrels hochtragen lassen. Wir nicht, wir gingen
direkt vom Hotel in Terskol los. Gut die 4 km bis Azau waren jetzt wenig aufregend, danach ging es unter der Gondel eine Skipiste
hoch, die man grad mit Panzern plattwalzte und erweiterte. Mit der Höhe gewinnt man auch an Überblick und wir konnten den
"richtigen" Kaukasus begutachten. Dieser ist im Gegensatz zum Elbrus wild und schroff. Aber der Elbrus sieht auch gut aus und
ist vor allem der Höchste weit und breit ... ;-)
Irgendwo nach der ersten Bahnstation der Gondel und Beginn des Gletschers fanden wir einen sehr schönen Zeltplatz. Karl-Heinz
und Wolfgang überkam abends das Bastelfieber und so standen uns bald Bänke und Tische zur Verfügung, sowie ein aus alten Blechen
gebauter Ofen. Holzlatten lagen überall genug rum.
2.8.03 2. Tag Elbrus
3050 m - 3800 m "Barrels"
Der Tag begann stahlend schön mit wunderbaren Ausblick auf Elbrus und den Rest des Kaukasus. Irgendwie scheint letzterer nur aus
Matterhörnern und Grand Jorassen zu bestehen. Unser Ziel für heute waren die Barrels. Eigentlich nicht sehr weit, aber zum Ende
hin bemerkte man die Höhe. Der Weg benützt eine schotterige Felsrippe mit Gletscher zur linken. Die Barrels sehen aus wie
Öltanks und können als Bergsteiger-Unterkunft benützt werden. Daneben gibt es aber auch ein paar nette Zeltplätze. Und wir
trauten unseren Augen nicht, als plötzlich Russinen im Bikini rumliefen. Nun die waren als Tagestouristen mit der Gondel
hochgekommen. Mir wäre es trotzdem zu kalt zum Sonnenbaden gewesen. Nebenan vergnügten sich auch ein paar Snowboarder im Sulz.
Gegenüber in Georgien steht ein Berg, der ziemlich Ähnlichkeit zur Jungfrau im Berner Oberland hat, da kommt man ins träumen ...
aus denen ich dann allerdings schnell herausgerissen werde. Es fängt ziemlich zu schütten an, was für 3h anhält. Das reichte aus,
dass das Wasser bis ins Zelt durchkam. Ist halt schon etwas älter, mein North-Face-Tempel.
3.8.03 3. Tag Elbrus
3800 m - 4200 m "Diesel Hut"
Das Wetter war heute wider Erwarten wieder sehr gut. Am Morgen zeigte sich keine Wolke. Gegen Mittag bildeten sich Quellwolken
und zum Abend war alles eingenebelt, aber ohne Regen. Bis zur Diesel-Hut ist es von den Barrels nicht wirklich weit. Man steigt
über eine weite Schneefläche auf. Die Diesel-Hut wurde aus den Resten der "Prijut 11" gebaut, die in den 90ern abgebrannt ist.
Etwas oberhalb der neuen Hütten finden sich noch die Grundmauern der alten, die natürlich einen hervorragenden Windschutz bieten
würden. Leider ist der Platz schon voll besetzt. Ein paar Meter oberhalb hat es jedoch auch gute Plätze zwischen Felsen, mit
fliesend Wasser und einem Plumpsklo.
Bleibt noch die Frage, wann wir zum Gipfel starten. An sich wäre ein Akklimatisierungstag nicht schlecht, aber vielleicht spielt
uns dann das Wetter wieder einen Streich wie am Ararat? Wir entscheiden uns für den nächsten Tag ...
4.8.03 4. Tag Elbrus
4200 m - 5643 m, Gipfel
Um zwei Uhr nachts schauten wir aus dem Zelt, sternenklar und ziemlich warm. 3 Uhr waren wir abmarschbereit. Vom ersten Stück
bis zur ersten Wegmarke, Pastuch Rocks auf 4800 m, sahen wir nicht viel und es zog sich ziemlich in die Länge. Man geht immer
zwischen zwei Felsrippen und der Weg ist ausgetrampelt. Bleibt man auf dem Normalweg, braucht man kein Seil, da man sich nur
auf Schnee- bzw. Firnflanken bewegt. Hier oben fing dann auch der Wind erbarmungslos an zu blasen. Von den Felsen steilt sich
der Weg auf und man geht immer auf den Ostgipfel zu. Hier erlebten wir den sagenhaft schönen Sonnenaufgang, der ganze Kaukasus
lag unter uns. Die Route quert nun nach links um den Ostgipfel herum. Hier war es dann mit dem schönen Wetter vorbei. In
Sekundenschnelle legten sich Wolken um den Gipfel und wir standen im Nebel, der Wind steigerte sich zum Sturm. Da der Weg gut
ausgetreten ist und ausserdem so alle 50 m eine Markierungsstange steckt, wagten wir den Weiterweg, obwohl wir meistens überhaupt
nichts sehen konnten. Nur ab und zu tat sich eine Lücke auf. So gelangten wir zum Sattel zwischen West- und Ostgipfel. Hier wird
der Weg ziemlich steil, wir zogen deshalb Steigeisen auf, um auf dem windgepressten Schnee Halt zu finden. 10:30 Uhr standen
Betty und ich auf dem Gipfel, Wolfgang und Karl-Heinz waren eine halbe Stunde zuvor angekommen. Leider konnten wir überhaupt nix
sehen, Sicht max. 2m, nur graue Suppe. Es hatte -10°C, dazu aber diesen eisigen Wind. Auch unsere Kamera hatte es eingefroren,
aber was hätte man bei den Bedingungen auch viel fotografieren können?
Über die endlosen Schneefelder traten wir den Rückzug an. Irgendwann wurde es uns zu dumm, wir setzten uns einfach auf den
Hosenboden und rutschten hinunter. Um 13 Uhr waren wir zurück am Zelt, darin verbrachten wir scheintot den Rest des Tages.
5.8.03 5. Tag Elbrus
4200 m - 2100 m, Zurück nach Terskol
Unsere Entscheidung, so schnell wie möglich auf den Gipfel zu gehen erwies sich als richtig, das Wetter wurde immer schlechter.
Die ganze Nacht über zogen mehrere Gewitter über den Berg. Es schneite unaufhörlich. Das Zelt drohte mal wieder einzuknicken.
Frühmorgens hatte es über einen halben Meter Neuschnee. Wir bauten alles ab und flüchteten ins Tal.
Am nächsten Tag war das Wetter richtig schlecht, es regnete den ganzen Tag. In Cheget hat es einen kleinen Bazar. Alle verkaufen
dasselbe, Strickwaren ohne Ende.
Da wir am Elbrus richtig schnell waren, entschlossen wir uns noch Moskau anzusehen.
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