27.8.99 Freitag
Heute war Aufbruch zum Kili. Zuerst ging es per Auto bis nach Machame und von dort zu Fuß Richtung Kili. Wir (ich, Flo, Woife), ein Engländer, 5 Träger und der Guide Fredi. So ging es hinauf bis zum
Machame Gate. Dorte wurde dann als erstes der Guide bezahlt. Nach einer kleinen Absprache schickte uns Fredi voraus und ging mit seinen Leuten in die andere Richtung. Da hatte ich schon die leise Befürchtung,
dass der Kerl uns gelinkt hatte, dem war aber nicht so. Stolz und Vorurteil.
Der erste Teilabschnitt führte durch dichten Regenwald und vor allem durch Schlamm ohne Ende, was die Sache sehr schwierig machte. Von den Trägern packte jeder mindestens 20kg und das trugen sie teilweise
auf dem Kopf (!) Richtung Kili. Die Sonne schien nicht und so war der erste Tag am Kili eine ziemlich nasse Angelegenheit. Naja, der Wald wurde lichter, es wurde trockener. Die Sonne kam aber nicht raus.
Unser erstes Etappenziel lag schließlich auf ca. 3000m. Rein klimatisch gesehen entspricht dies den Subtropen. Am Kili geht man quasi in verkürzter Form aufgrund der Höhe von den Tropen in die Arktis. Hier
ist alles ein bißchen staubig, aber sonst okay. Das geliehene Zelt war Mist, weil zu klein zu dritt. Naja, mal schauen, was der Koch so zaubert ...
28.8.99 Samstag
Die Nacht war nicht gerade angenehm, unser Zelt war höchstens für zwei Personen passend. Flo, ziemlich angepisst heute morgen, hat sich daraufhin bereit erklärt in das Zelt von unseren englischen Freund
Charles zu
ziehen. Los ging es heute so gegen 9 Uhr. Im langsamsten Tempo, dass ich je einen Berg hochgelaufen bin. Der Führer wird schon wissen, was er tut.
Morgens war schönes Wetter und man konnte die Spitze des Kilimanjaro sehen, großartig. Auch der Meru war zu erkennen. Langsam zogen aber Wolken vom Tal herauf. Es ging ziemlich steil hinauf, durch eine
wüstenartige Landschaft. Knochentrocken. Das einzige Wasser kommt wohl vom Nebel, der heraufzieht.
Die Landschaft wurde immer beeindruckender und man merkte, dass man auf einem Vulkan unterwegs ist. Staub ohne Ende. Der Rastplatz schließlich der Wahnsinn. Unten ein Meer voller Wolken, oben der Kili. Und
Hitze, Hitze, Hitze, 40°C. Gefühlt mindestens. Ach ja, der blöde Rucksack, den ich in Arusha erstanden hatte, zerfiel schon am zweiten Tag, an dem er in Gebrauch war, in seine Bestandteile. Hätte ich bloß
meinen Salewa mitgenommen.
Wir sind hier auf dem Shira-Plateau unterwegs, ca. 3800m. Ich hoffe, ich bleibe gesund. Danach fühlen tue ich mich nicht mehr.
29.8.99 Sonntag
Gestern war noch einiges los. Zuerst der Sonnenuntergang. Endlich konnte man den Kili in voller Pracht sehen. Er glühte richtig. Ein Wort zu unseren Guide und Trägern, ich frage mich, wie die Jungs das hier
alles aushalten. Sie schlafen in einer Höhle und Schlafsäcke haben sie nicht dabei. Wahnsinn. Und nebenbei, das Essen ist super.
Der Himmel war sehr klar und man konnte die Sterne in aller Deutlichkeit erkennen. Auch die Milchstraße war zu sehen, sowie einige Sternschnuppen. Und kaum war der Mond über dem Kili aufgegangen, da erwischte
es Charles. Ein Lungenödem. Er mußte sofort ins Tal mit zwei Trägern. Erschreckend, wie schnell das gehen kann. Die Nacht war dann ziemlich eisig. Sogar das Wasser gefror. Ich mußte mich daher in voller
Montur in den offensichtlich zu dünnen Schlafsack legen.
Heute morgen dann nur also nur noch drei Tassen am Tisch, das war dann gleich irgendwie seltsam. Heute war dann unser Akklimatisierungstag. So marschierten wir in das rießige Shira-Plateau hinaus. Das ist
eine Ebene auf ca. 3600m, grandios! Eine wüstenähnliche Landschaft. Sehr karg, sehr trocken, sehr eindrucksvoll.
Nachmittags stand dann Erholung auf dem Programm. Also pennen. Die nächsten Tage dürften ziemlich stressig werden. Ich hoffe nur, es wird noch ein bißchen wärmer.
Nachtrag zu Charles: nach der Reise erfuhren wir von Kati (Flo's Bekannschaft, damals arbeitend in Tansania unterwegs), dass Charles zwei Wochen auf der Intensivstation lag und um sein Leben kämpfte. Danach
war er aber wieder wohlauf.
30.08.99 Montag
Das mit dem wärmer werden viel leider aus. Stattdessen gab es Wolken ohne Ende. Heute stand der Aufstieg ins "vorgeschobene" Basislager an. Dabei ging es über das riesige Shira-Plateau, vorbei am sogenannten
Lava-Tower, bis auf 4850m. Die dünne Luft merkt man hier, und wie! Das Lager sieht dann auch wirklich wie ein Basislager aus. Darüber eine Wand, die eindrucksvoller nicht sein könnte. Erstbesteiger
natürlich Reinhold Messner, wer sonst.
Wenn es nur nicht so bitterkalt wäre. Die Nacht, der Horror! Ich lag wieder in voller Montur im Schlafsack und fror trotzdem ohne Ende.
31.08.99 Dienstag
An Schlafen war heute nacht nicht zu denken. Um zwölf Uhr ging es dann endlich los. Ich hatte alles an, was ich dabei hatte und fror erbärmlich. Vor uns lag eine 500m hohe Wand. Die sogenannte Western Breach.
Es wurde ziemlich alpinistisch. Klettern, Blankeis, wegloses Gelände, alles dabei. Die Wand offenbarte eine Überraschung nach der anderen und wollte einfach nicht enden. Zum Glück hatte ich einen guten Tag
erwischt. Eingebrochen bin ich aber dann noch im letzten Teilstück, aufgrund der dünnen Luft. Glück hatte ich auch. Nachdem ich auf einem Blankeisstück ausgerutscht bin und mich nur durch einen Sprung samt
festklammern an einem Felsbrocken retten konnte.
Flo und Woife hatten keinen so guten Tag erwischt, die Höhe machte sich bemerkbar. Aber durch gutes Zureden von Fredi gelang es ihnen durchzuhalten.
Genial wurde es, als die Sonne aufging und wir mitten im Krater standen, eine riesen Gletscherwand vor Augen. Danach ging es hoch zum Uhuru-Peak ("Freiheitsspitze"), 5895m! Ich war am Ende und schleppte mich
die letzten Meter hoch, immer am Rande des Zusammenbruchs. Als wir dann endlich vor dem Schild standen, daß den höchsten Punkt Afrikas markiert, war ich den Tränen nahe vor Freude.
Der Abstieg ging dann ziemlich zügig über die Barafu-Hütte zur Mweka-Hütte auf 3200m. Lob bekam ich wegen meiner guten Kondition von Robert und Fredi, den beiden Guides des heutigen Tages. Und wer gesehen
hat, wie die loslegen können, dann bedeutet das schon was. Allerdings habe sie mir im gleichen Atemzug auch gleich ein Bier abgeschwatzt.
Ich hatte viele Sorgen hinsichtlich des Gipfelerfolgs. Vor allem das Lungenödem von Charles hat mich mächtig beeindruckt. Dennoch zog ich für mich das Fazit, für noch höhere Gipfel tauglich zu sein. Allerdings
nur mit einem Schlafsack, der mehr ist als eine reine farblich schön gestaltete Hülle.
01.09.99 Mittwoch
Abstieg vom Kilimanjaro. Es ging durch den Regenwald und der hat seinen Namen alle Ehre gemacht. Eine Schlammschlacht ohnegleichen. Knöcheltief. Die Tour war aber trotzdem eine "saubere" Sache. Am Gate gab
es dann eine Urkunde für die gelungene Besteigung und die leidige Trinkgeldfrage war zu lösen. 80 Dollar pro Nase. Fredi hat uns dann noch durch halb Moshi eskortiert, was sehr galant war. Allerdings ist
er dem Alkohol durchaus nicht abgeneigt, wie wir heute endgültig bestätigt bekamen. Zurück im "Usa River" trafen wir den Rest der Reisegruppe, Markus und Ina, wieder. Morgen geht es auf Safari.
Stephan unterwegs mit Woife und Flo vom 27.8. bis 1.9.1999
Amtlich beglaubtigt, die Besteigung des Kilimanjaro. (Das liegt jetzt, da ich diese Seite gestalte, ein halbes Leben zurück, verdammt ...)
Es war ein harter Tag.
Ein kleines Souvenir
So sah mein Tourenbuch aus, bevor es digital wurde.
Derzeit keine Kommentare vorhanden Kommentar hinzufügen
Hier könnt ihr Anmerkungen loswerden, welcher Art auch immer.
Regeln:
Bitte kein HTML verwenden (wird rausgefiltert). Ich behalte mir vor, Kommentare zu löschen, falls sie nicht zum Thema passen, oder sonstwie
unsachgemäß sind.
www.sirdar.de
"Zugspitz? Grodaus!" Die großen Wettersteingrate und andere kleine Abenteuer