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Aconcagua-Bericht

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Aconcagua, Bericht Teil 2: 06.01.02 - 15.01.02

06.01.02

Ruhetag

07.01.02

Aufstieg ins 1. Hochlager mit Übernachtung

08.01.02

Abstieg ins Basislager

09.01.02

Ruhetag

10.01.02

Aufstieg ins Nido de Condores (5380m)

11.01.02

Aufstieg zum Camp Berlin (5780m)

12.01.02

Gipfeltag (6962m)

13.01.02

Abstieg ins Basislager

14.01.02

Abstieg bis Confluencia

15.01.02

Südwand, Abstieg bis Puente del Inca



06.01.02 Ruhetag

Zunächst einmal war "ausschlafen" angesagt, soll heißen statt der üblichen zehn Stunden, gönnten wir uns deren zwölf. Die Anstrengung von gestern merkte man allerdings schon. Die intensive Sonneneinstrahlung forderte inzwischen ihren Tribut und wir hatten mehr als eine schmerzhafte Verbrennung im Gesicht, an Lippen oder Händen. Schattige Plätzchen waren somit sehr begehrt.

Ein schattiges Plätzchen

Wetter war wieder super, sehr warm und ausnahmsweise mal kein Wind. Ein optimaler Gipfeltag also, aber soweit sind wir noch lange nicht. Um dem ein Stückchen näher zu kommen, begab ich mich mit Betty auf eine Akklimatisierungstour zu dem von Cerro Cuerno ausgehenden Gletscher. An der Gletscherzunge bilden sich aufgrund der besonderen klimatischen Gegebenheiten hier, eindrucksvolle Eiszacken, sog. Penitentes. Auch hat man von hier eine gute Sicht auf die riesigen Eisbrüche in der Flanke des Cerro Cuerno.

Penitentes

Unsere Frühstücks-Taktik für das zweite Hochlager steht nun auch fest, am Abend vorher werden Wasserbeutel gefüllt, die man mit in den Schlafsack nimmt. So spart man sich die Kocherei am Morgen.

Der Normalweg
Im oberen Teil ab Nido de Condores verläuft die Route größtenteils auf der anderen Seite des NW-Grates und ist somit nicht einsehbar.



07.01.02 Aufstieg ins 1. Hochlager mit Übernachtung

Ungewöhnliche Situationen erfordern ungewöhnliche Maßnahmen Außerirdisch!

Dieses Mal benötigten wir trotz langsamster Gangart nur ca. 6h bis ins erste Hochlager. Wetter war wieder schön und ziemlich windstill. Im Nido de Condores erwischte es dann Betty mit einer leichten Höhenkrankheit. Mit Ibuprofen gegen die Kopfschmerzen und Diamox als Placebo bekamen wir die Sache aber schnell in den Griff. Mir ging es trotz der Höhe ziemlich gut.

Nido de Condores

Man trifft erstaunlich wenig Leute, die den Gipfel geschafft haben. Zu kalt, zu windig und überhaupt. Ein Päarchen berichtete von -15°C, im Wind -25°C. Über Nacht setzte dann auch ein Sturm ein, der einem nicht zum Schlaf kommen lies. Nächstes Mal habe ich Ohrstöpsel mit dabei.


08.01.02 Abstieg ins Basislager

Irgendwann in der Nacht bastelte ich mir aus Toilettenpapier Ohrstöpsel. Das ging dann auch eine Weile ganz gut und ich konnte endlich ein bißchen schlafen. Irgendwann um acht ging die Sonne auf. Wieder mal blauer Himmel, dank des Windes herrschten jedoch empfindlich kalte Temperaturen. Mit Betty blieb ich noch eine Weile im Nido und genoss die Aussicht auf den Aconcagua, dessen Gipfel von hier so nah aussieht. Man kann gar nicht glauben, dass man noch zwei Tagesetappen davon entfernt ist. Sehr beeindruckend ist auch die völlig unberührte Gletscherwelt nördlich des Aconcagua. In der Ferne sind einige Andenriesen zu erkennen, z.B. der Mercedario und irgendwo westlich unter all dem Dunst muß der Pazifik sein! Danach folgte der Abstieg ins Basislager. Dort war Materialwartung angesagt. Meine nagelneuen sündhaft teuren Berghaus "Yeti" Gamaschen waren bereits nach zwei Mal Aufstieg ins Nido an den Seiten durchgescheuert.


09.01.02 Ruhetag

Gestern hat uns der Hias eröffnet, dass für ihn das Thema "Besteigung des Aconcagua" erledigt ist und er lieber ins Tal absteigt. D.h. ab sofort machen wir zu dritt weiter, was dank unseres 3-Mann-Basislager-Zelts auch kein Problem ist.
Heute also Ruhetag. Wir sind fit und akklimatisiert, das Wetter ist super. Leider soll es laut Parkranger und unserem Muli-Chef die nächsten zwei Tage schlechtes Wetter geben. Kaum zu glauben, so schön wie es heute ist. Wir werden aber trotzdem morgen aufsteigen. Mein Buch habe ich heute auch ausgelesen, allzuviel Ruhetage sollten also nicht mehr kommen.
Des Abends durfte Woife, unser Brennstoffmeister, noch mal eine Krise über sich ergehen lassen, da in dem Benzin, was wir von Rudy Parra bekommen hatten, Wasser dabei war. Dieses hatte sich nach unten im Kanister abgesetzt, wodurch das letzte Drittel unbrauchbar war. Dauerte aber eine Weile, bis es uns dämmerte, woher jetzt plötzlich der Eisklumpen in der Benzinflasche her kommt. Wut entbrannt stürzte Woife sich zur "örtlichen Vertretung" der Rudy-Parra-Organisation im Basislager. Die haben zwar kein Englisch verstanden, uns aber schließlich doch neues Benzin gegeben.


10.01.02 Aufstieg ins Nido de Condores (5380m)

Travellunch-Werbefoto Mercedario in der Ferne

Heute also der dritte Aufstieg ins Nido. Inzwischen kennen wir die Strecke auswendig und steuern zielstrebig unsere Pausenplätze an. Insgesamt war es heute ziemlich warm und sehr windstill. So gestalte sich der Abend im Hochlager als sehr angenehm. Endlich konnten wir den Aufenthalt hier richtig geniesen. Die Aussicht war unbeschreiblich und definitiv eines der Highlights dieser Reise! Zudem fand ich noch ein Hufeisen, welches sofort ans Zelt gehängt wurde. Wenn das kein Glück bringt!

Blick zum Gipfel



11.01.02 Aufstieg zu Camp Berlin (5780m)

Genug Luft für ein Lächeln gab es noch!

Endlich wieder Neuland! Es stand der Aufstieg zum zweiten Hochlager auf dem Programm. Vom Nido läuft man in 2-3h hoch zum Camp Berlin. Unterwegs fand ich tatsächlich auch noch auf dieser Höhe ein totes Muli. Keine Ahnung, wie das hier hoch kommt. Die Aussicht auf die umliegende Gletscherwelt wird immer, im wahrsten Sinn des Wortes, "atemberaubender"! Camp Berlin besteht eigentlich aus drei Hütten mit unterschiedlichen Verfallsdatum. Die neueste gab dem Camp seinen aktuellen Namen. Sie wurde von Mitgliedern einer Pfälzer DAV-Sektion erbaut, die hier einen Freund verloren hatten. Die nähere Umgebung um die Hütte ist dermaßen versifft, unglaublich. Absolut widerlich, unter jeden Stein, den man umdreht findet sich eine Hinterlassenschaft eines Vorgängers. Anstatt der Hütte hätten die Kollegen aus der Pfalz mal lieber ein Plumpsklo anlegen sollen.

Camp Berlin

Erstaunlich, wie viele Amis hier oben ihr Lager aufgeschlagen haben. Wie wir aus den lautstarken Unterhaltungen mitbekamen, weilen die hier schon mehrere Tage und hoffen sich so auf den Gipfel vorbereiten zu können. Auf 5800m ein hoffnungsloses Unterfangen, da der Mensch bekanntlich nur bis ca. 5300m in der Lage ist, sich zu regenieren. Darüber baut der Körper unweigerlich ab.
Es war noch sehr windstill den Abend und alles in allem, abgesehen von den Tretminen, gut auszuhalten hier oben.


12.01.02 Gipfeltag (6962m)

Während der Nacht begann es ziemlich heftig zu stürmen. An Schlaf war fast gar nicht zu denken. Anfänglich war die Planung, bereits um ein Uhr loszulegen. Mittlerweile hatten wir uns auf vier Uhr festgelegt, um nicht allzu lange im Dunkeln laufen zu müssen. Jetzt bin ich der Meinung mit Sonnenaufgang wäre am besten gewesen, um der ganz großen Kälte in den Morgenstunden zu entgehen. Aufgrund des Sturms dauerte es eine Weile, bis wir uns entschlossen, doch loszugehen. Es blieb den ganzen Tag stürmisch und es war megaanstrengend! Als endlich der Morgen dämmerte, waren wir auf 6025m angekommen. Ein neuer Höhenrekord für mich! Das Thermometer zeigte -14°C an, im Wind dürften es so -25°C gewesen sein.

Indepencia Hütte 6400m Querung

Vorbei ging es an der Indepencia Hütte (total verfallen) zu einer Querung über das Gran Acero. Der Wind war hier wirklich schlimm. Die Nase gefror in Sekundenschnelle, wenn man in die falsche Richtung guckte. Die Traverse selber sieht einfach aus, ist aber furchtbar anstrengend und zeitaufwendig. Am Ende steht man dann vor der Canaletta, es war 10.30 Uhr. Endlich erreichten uns auch die ersten warmen Sonnenstrahlen. Betty allerdings reichte es hier auf so ca. 6600m. Die Vorstellung von dem Wind, der über dem Grat bläst und die Geschichten von Leuten, die es von dort oben runtergeweht hat, veranlassten sie, das Handtuch zu werfen. Ich war auch am überlegen, da meine Füsse ziemlich eingefroren waren. Nach einer halben Stunde "Fußgymnastik" tauten sie schließlich doch noch auf und ich ging weiter.
Die 3-Lagen-Handschuhe von Ortovox hielten auch nicht, was sie versprachen, ständig hatte ich ziemlich kalte Finger. An den Füssen hatte ich Unterziehsocken, dicke Schurwollsocken, Schalenschuhe und Expeditionsgamaschen, das war definitiv zu wenig!
Canaleta Die Canaleta gab mir dann konditionell den Rest. 350 Höhenmeter, 30-40° steil, zum Glück aber total verschneit, so dass wir mit Steigeisen gehen konnten. Das ist auf alle Fälle besser, als über loses Geröll. 3000m tiefer würde so ein Gelände richtig Spaß machen, so war es einfach nur ein Schinder ohne gleichen. 10m vorwärts, 5min Pause. Endlich erreichte ich den Gipfelgrat. Von hier sind es noch 50Hm bis zum Gipfelplateau. Nochmal den letzten Rest an Willen aus mir rausgeholt, ich bin eigentlich nur noch am hyperventilieren. Allmählich ergeben sich enorme Tiefblicke in die Südwand. Zu nah durfte man sich allerdings nicht an den Abbruch wagen, zu stark fegte der Wind über den Grat. Die letzten 10 Höhenmeter, einfache Kraxelei, bevor ich schließlich auf das Gipfelkreuz zu wanke. Das wars, kein Meter mehr höher, nur noch runter, so schnell wie möglich! In dem Moment bedeutete es mir überhaupt nix, auf dem Dach Südamerikas zu stehen. Also schnell vier Bilder geschossen und wieder runter.

Blick in die Südwand

Am Grat traf ich Woife, der noch eine halbe Stunde bis zum Gipfel hatte. Ich konnte nicht mehr warten, mich trieb es nur noch runter. Der Rückweg zum Camp Berlin war schlimm. So bald ich mich hinsetzte, schlief ich ein. Ein paar Windboen bliesen mich förmlich vom Weg. Endlich das Zelt. Betty lag schon drin. Den Rest des Nachmittags verbrachte ich in einem scheintoten Zustand.
Der Sturm hielt auch die folgende Nacht an. Inzwischen erreichte er doch Orkanstärke, also wieder nix mit schlafen. Ohrenstöpsel! Wie konnte ich die nur daheim lassen ...

Gipfelkreuz



13.01.02 Abstieg ins Basislager

Nach dem Sturm ... Saukalt war es in der Früh. Es galt erst mal die Sturmschäden am Zelt zu begutachten, eine verbogene Zeltstange, eine gerissene Sturmleine und mehrere aufgescheuerte Stellen am Überzelt. So weit so gut, andere hatten da mehr Pech, im Nido fanden wir ein völlig zerstörtes Salewa-Zelt. Abtransport war angesagt. Natürlich ist viel zu viel übrig geblieben an Lebensmitteln. Im Basecamp mußten wir feststellen, dass so völlig verplante Typen aus Südafrika unseren Zeltplatz geklaut hatten, der deutlich mit einer Plane markiert war. Diese lag ordentlich gefaltet daneben. Abends dann ein "Festmahl", wobei die Menge zählte, nicht der Geschmack. Mit Rum würdigten wir unseren Gipfelerfolg.


14.01.02 Abstieg bis Confluencia

Auf dem Sprung ... Am Morgen gab's erstmal das große Packen. Aber die Seesäcke waren dann doch um einiges leichter als vor zwei Wochen, da die meisten Lebensmittel aufgebraucht waren. Das Zeug brachten wir zum Gehilfen von Rudy Parra im Basislager, um es am nächsten Tag mit den Mulis runter transportieren zu können. Es ist höchste Zeit, dass wir unser Lager hier abbrechen. Der große Ansturm kommt, DAV Summit Club, Hauser, usw. ...
Nachmittags zogen Wolken auf und es graupelte mal wieder. Auch mit dem Wetter hatten wir also einiges an Glück. Der Weg zurück ins Confluencia Camp zog sich ewig in die Länge. Vom Gipfel war nix mehr zu sehen. Alles in Wolken. Das Schönwetterloch ist wohl erst mal vorbei, aber das kann uns ja egal sein ... ;-)



15.01.02 Südwand, Abstieg bis Puente del Inca

Heute also unser letzter Tag in der "Wildnis". Da wir noch etwas Zeit hatten, sind wir noch ins untere Horcones Tal aufgestiegen, um die Südwand des Aconcagua aus der Nähe begutachten zu können. Beeindruckend, wie schnell wir uns mittlerweile wieder auf der Höhe bewegen können. Die 700 Höhenmeter von Confluencia bis ca. auf 4000 m bereiteten uns überhaupt keine Probleme. Aus der Nähe wirkt die Südwand noch viel beeindruckender und unnahbarer, als sie es eh schon ist. Der Trek Richtung Südwand lohnt auf alle Fälle! Nur gut, dass ich den Berg schon gemacht habe ... ;-)

Auf dem Weg zur Südwand Gigantisch!

Danach aber der endgültige Abstieg zurück in die Zivilisation. Bei der Rangerstation funkten wir mit Mario von Los Puquios, damit er uns zurück nach Puente fahren kann. Zu uns gesellte sich ein Kanadier mit Lungenödem, die x-te Halbleiche, die ich den letzten zwei Wochen zu Gesicht bekam.
Wir hatten erst mal genug von all dem Staub und Dreck, eine Dusche mußte her! Also ab ins Hotel. Endlich wieder etwas Luxus, so dachten wir. Denkste, es gab erst mal Stromausfall und damit einhergehend kein Wasser. Nach drei Stunden klappte es endlich und wir mußten alle feststellen, dass wir doch nicht so eine braune Gesichtsfarbe bekommen hatten, wie zunächst angenommen.
Unsere Seesäcke sind wohlbehalten in Los Puquios angekommen. Für 2x Mulitransport, all die anderen Fahrten und "Bathroom-Service" im Basislager mußten wir 500 Dollar berappen. Die Leute von Rudy Parra sind aber recht nett und sehr zuverlässig!



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Alle Texte und Bilder so nicht anders vermerkt von Stephan Rankl.
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"Zugspitz? Grodaus!"
Das Buch: Zugspitz? Grodaus! von Stephan Rankl
Die großen Wettersteingrate und andere kleine Abenteuer


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