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Tibet - Lhasa
Lhasa (Friendship-Highway mit dem Fahrrad)
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02.10.03 - ICH BIN IN TIBET!

Verdammt früh stand Louis vor dem Hotel, um mich zum Flughafen zu bringen. Ich mußte mal wieder Übergepäck für das Fahrrad bezahlen. Größere Aufregung gab es, weil mein Fahrrad nicht durch die Röntgenmaschine passen wollte. Ohne sich Gedanken über die Strahlung zu machen, fasste Louis beherzt mit der Hand in die Maschine und zog das Fahrrad durch, ehe ich einschreiten konnte. Hoffentlich bereut er das mal nicht irgendwann!
Schon saß ich im nagelneuen und vollbesetzten Airbus A340 nach Lhasa. Leider hatte ich keinen Fensterplatz. Um mich rum lauter Chinesen. Der Nationalfeiertag am 1. Oktober bringt es mit sich, dass so gut wie alle Chinesen 7 Tage Urlaub haben. Der einzige Urlaub für die meisten im ganzen Jahr. Es war eine einzige Rotzparade! Chinesen haben die schreckliche Angewohnheit sich ständig einen "Lungaharing" hochziehen zu müssen und den irgendwo hinzuspucken. Aber es gibt ja Kotztüten in den Fliegern.

Potala

Dann waren wir in Tibet! Der Flughafen ist in Gongkar etwas 80 km von Lhasa entfernt. Der erste Eindruck war überwältigend, die klare Luft, diese unglaublich intensiven Farben, die karge, sehr charakteristische Landschaft, Tibeter. Die braunen Hügel um einen herum sind alles schon 5000er, unglaublich! Alles kam mir auch irgendwie aus den unzähligen Büchern welche ich gelesen hatte, vertraut vor. Hier sind wir auch schon auf 3600 m, aber von der Höhe merkte ich zunächst nichts. Es fahren Shuttle-Busse nach Lhasa. Louis hatte mir einen Zettel mitgegeben, auf dem irgendwas in Chinesisch draufstand und so durfte ich umsonst mitfahren. Während der Fahrt hielten wir plötzlich vor einer Brücke. Was war? Chinesische Soldaten mußten unbedingt ein Wettrennen über die Brücke machen und deswegen wurde gleich der gesamte Verkehr lahmgelegt.
Der Busbahnhof in Lhasa ist gleich beim Potala. Wie oft hatte ich schon Bilder davon gesehen und jetzt steh ich davor! Am Busbahnhof erwartete mich auch schon der obligatorische Stadtguide, welchen man bei der Lhasa-Tour mitbuchen muss. Noch war ich mir nicht bewußt, worin dem seine Aufgaben liegen. Aufpasser oder tatsächlich nur Guide? Das Hotel ("Tashi Targyel Hotel") liegt mitten im tibetischen Viertel und von meinem Zimmer hab ich sogar einen Blick auf den Potala. Dem Guide versuchte ich noch auf dem Zahn zu fühlen, wie das mit dem Alien Travel Permit denn nun ist, aber er rückte mit keinen Infos raus.

Barkhor

Es ist ziemlich warm in Lhasa, die Sonne knallt gnadenlos herunter. 100 m die Straße hoch und ich stehe auf dem Barkhor, dem zentralen Platz in Lhasa. Hier fanden viele Demonstration der Tibeter statt, welche allesamt brutal von den Chinesen niedergeworfen wurden. Der Platz ist heute videoüberwacht und eine Polizeistation ist auch nicht weit. Die Stadt wirkt aber heute noch verschlafen und ziemlich ruhig. Westliche Touristen sieht man kaum welche, dafür umso mehr chinesische.
Mitten auf dem Platz steht das geistliche Zentrum Tibets, das Jokhang-Kloster. Rundum führt eine Kora (Pilgerweg), auf dem man nur im Uhrzeigersinn gehen darf. Man sieht hier viele Pilger, welche teilweise mit ihren Körper die Länge der Strecke abmessen. Überall gibt es Verkaufsstände, viel Touri-Kitsch, aber auch Sachen wie zum Beispiel rituelle Gefässe, aus menschlichen Schädeldecken gefertigt, oder Oberschenkelknochen, die zu Trompeten verarbeitet sind.

Jokhang Jokhang

Nach der Umrundung wagte ich mich in den Jokhang. Eintritt kostete 70 Yuan, Eintrittskarte gibt es in Form einer CD-ROM, da war ich schon überrascht. Drinnen steht zentral der Haupttempel und darum wiederum eine Kora mit vielen Gebetsmühlen. Man kann auch auf das Dach steigen und hat einen umwerfenden Blick über ganz Lhasa. Unbeschreiblich schön! Um das ursprüngliche, aus vielen Steinhäusern bestehende, tibetische Viertel zieht sich förmlich ein Belagerungsring von neumodischen chinesischen Protzbauten.

Blick vom Dach des Jokhang über Lhasa

Gleich gegenüber von meinem Hotel hat es einen Internet-Laden, der Anschluss ist allerdings ziemlich langsam. So eine dusselige Amerikanerin fragt dann tatsächlich noch, ob das hier ein DSL-Anschluss ist. Wie üblich hat es eine kriegerische Geräuschkulisse, die Kids spielen brutale Shooter-Spiele.
Lhasa liegt auch auf 3600 m und das merkte ich abends dann doch, ich hatte gewaltig Kopfweh! Aber von meinem Zimmer konnte ich den beleuchteten Potala in die Nacht strahlen sehen. Ich bin in Tibet, ich glaube es nicht!

03.10.03 - Norbulinka

Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, heute mal beim PSB in Lhasa vorbeizuschauen. Jedoch war mir morgens so schlecht, dass ich es doch bleiben lies. Was wohl Vorsehung war, später hörte ich Geschichten, dass Leuten, die nicht auf Gruppenvisas auftauchen, sofort das Visum gecancelt wird und Tibet schnellst möglich verlassen müssen.
Thron des 13. Dalai Lama Nach einer Runde Schlaf im Hotel ging es mir wesentlich besser und mein Cityguide wollte mich heute durch den Potala führen, er schaffte es jedoch erst für den nächsten Tag eine Eintrittskarte zu bekommen. So nutzte ich die Gelegenheit um mir das Visum für Nepal zu besorgen. Kostete 255 Yuan und wurde innerhalb einer Stunde angefertigt. Das Konsulat liegt gleich neben dem Norbulinka, dem Sommerpalast der Dalai Lamas. Den Park nutzen viele Einheimische für ein Picknick, jedoch haben auch all die Obdachlosen dies hier als ihr Heim erkoren. Der 13. und 14. Dalai Lama haben sich jeweils einen eigenen Palast gebaut. Angeblich ist der des 14. noch exakt in dem Zustand, wie er ihn bei seiner Flucht nach Indien 1959 verlies. Leider durfte man innen nicht fotografieren. Alles andere als ein Highlight, ist der Zoo von Lhasa, welcher auch im Norbulinka untergebracht ist. Ausgewachsene Bären sind hier auf einer Fläche von 6m² eingesperrt.
Zum Abendessen bin ich mal ins Tashi, soll laut Lonely Planet der Treffpunkt für Touris sein, war aber auch ziemlich leer. Im Moment ist echt nicht viel los in Lhasa. Hab gehört, das von April bis Juni Lhasa wegen SARS für Touristen sogar ganz gesperrt war.

Palast des 14. Dalai Lama

04.10.03 - Potala

Heute also stand der Potala auf dem Programm. Mit mir waren noch ein Kanadier, sowie dessen chinesische Freundin unterwegs, die die Lhasa-Tour auch bei Louis gebucht hatten. Der Kanadier arbeitet in China als Englisch-Lehrer. Von aussen wirkt der Potala ja nun wahrlich gigantisch, innen besteht er aber zu meiner Überraschung nur aus lauter kleinen Räumen, die mit Mandalas, Buddha-Figuren und Abbildungen der Dalai Lamas vollgestopft sind. Jedoch hatten wir nur Zugang zum Dachbereich, der Rest blieb uns verschlossen. Auch die Gräber der Vorgänger des aktuellen Dalai Lamas sind alle im Potala untergebracht. Der 5. Dalai Lama hat eine 12m hohe Stupa, welche aus rund 4 Tonnen Gold besteht. Das Ding geht über mehrere Stockwerke, ist aber völlig zugebaut, so dass man es nicht richtig besichtigen kann. Fotografieren war innen verboten. Vom Dach hat man einen herrlichen Blick über Lhasa.

Dachansichten

Die hhinesischen Touristen haben schon irgendwie komische Sitten. Auf dem Dach zog mich unvermittelt einer zu sich ran, ohne mich zu fragen, sein Kamerad stand schon bereit, um ein Foto zu machen. Danach wurde ich wieder weggeschoben und das war es dann. Der Kanadier klärte mich auf, dass Chinesen Fotos von ihnen mit Westlern drauf als Statussymbol betrachten. Na dann, aber ob ich da der richtige bin ...
Mein Eindruck vom Potala? Der Kanadier brachte es auf den Punkt, "inspiring architectal worldwonder from outside, your grandmothers house inside".
Für mich hies es nun, schön langsam die Fahrrad-Tour vorzubereiten. Speziell Kerosin für meinen Benzin-Kocher war nicht einfach. Im Snowland-Hotel verkauften sie mir schließlich welches. Im chinesischen Viertel gibt es auch Supermärkte, wo man alles notwendige an Lebensmitteln bekommt. Das tibetische Viertel hat seinen eigenen Charme. Ich kann mich gar nicht sattsehen in den Gassen zwischen den Steinhäusern. Die Tibeter tragen eine schöne farbige Tracht und auch die Männer haben Haarschmuck. Ich kann sehr gut nachvollziehen, dass der H. Harrer damals hier heimisch geworden ist.
Schließlich kam der große Moment, da ich mein Fahrrad auf die Straße schob und den Linkhor abradelte. Auch dies ein Pilgerweg um Lhasa, den die Chinesen aber zum Großteil zerstört haben. Wunderschön und sehr entspannt gestaltete sich das Radeln. Überall gibt es Fahrradwege, teils 3m breit. Einige Meter schob ich eine Gasse entlang der Mauer des Potalas. Hier müssen 1000 Gebetsmühlen aneinandergereiht gewesen sein ...

Fachsimpelei

05.10.03 - Drepung

Heute stand die erste kleine Fahrrad-Tour an. Ich radelte raus nach Drepung, ein Kloster, welches etwas 10 km ausserhalb von Lhasa liegt. Es gilt 100 Hm zu überwinden. Hört sich nach lächerlich wenig an, aber wenn man auf 3600m startet, relativiert sich einiges. Drepung war einst mit 10000 Mönchen das größte Kloster der Welt, bis die Chinesen es bis auf die Grundmauern zerstörten. Inzwischen sind einige Teile wieder aufgebaut und es leben auch wieder ein paar hundert Mönche in der Anlage.

Drepung

Über Nacht hatte es tatsächlich ein wenig geschneit, rundherum waren die Gipfel schön weiß. Das Kloster ist tatsächlich riesig. Es gibt Dutzende von Tempel zu besichtigen. In einer großen Halle war ich zur Mittagszeit. Dort hatten sich viele Mönche zu einer Mittagszeremonie versammelt. Sie stimmten diesen typischen SingSang an, was sehr beeindruckend war. Dazwischen flitzte, kommandiert von einem Vorsteher der Klosternachwuchs durch die Reihen, um den Älteren Tee nachzuschenken und die waren fleißig am trinken. Ich bereute es mal wieder, wie bei jeden Urlaub, kein Tonband mitgenommen zu haben.
Mein Fahrrad hatte ich draußen an einem Baum angekettet. Als ich zurückkam, standen auch schon ein paar Nachwuchs-Mönche parat, denen ich alle technischen Details erklären mußte. Besonders der Tacho fasziniert die Jungs immer wieder. Kein Wunder, hat er doch schön viele Knöpfe, die man alle mal ausprobieren muß.
Zurück in Lhasa schaute ich noch bei einem Stein vorbei, der über und über mit Buddha-Figuren bemalt war. Auch das sehr beeindruckend. Es gäbe wohl noch viel in der Stadt zu entdecken. Abends war ich im Barkhor-Cafe, welches am gleichnamigen Platz liegt. Kann man nur empfehlen. Man hat von oben eine Aussicht über den gesamten Platz und der Besitzer nimmt sich die Zeit, um sich mit jedem zu unterhalten.
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